PATRICIA
HIGHSMITH
SALZ UND SEIN
PREIS
Glanzstück
der Suspense-Literatur
Mit «Salz und sein Preis» hat die
US-amerikanische Schriftstellerin Patricia Highsmith unter Pseudonym
1952 einen lesbischen Liebesroman veröffentlicht, der durch eine
persönliche Begegnung inspiriert worden ist, die sie als Verkäuferin
in der Spielwarenabteilung eines New Yorker Kaufhauses hatte. Erst
achtunddreißig Jahre später hat sie persönlich sich zu dem Roman
bekannt und ihn in einer überarbeiteten Version und mit einem
ausführlichen Nachwort versehen nun unter dem Titel «Carol»
herausgebracht. Im prüden Amerika der McCarthy-Ära befürchtete sie
mit Recht einen Entrüstungssturm in der Bevölkerung. Nach ihrem
erfolgreichen, von Hitchcock verfilmten Romandebüt «Zwei Fremde im
Zug» hatte ihre Kariere gerade erst begonnen, da hätte ein heftig
umstrittener zweiter Roman ihr erheblich schaden können.
Erzählt wird die Geschichte der neunzehnjährigen
Therese, einer angehenden Bühnenbildnerin, die in ihrem
vorübergehenden Job als Aushilfs-Verkäuferin in der hektischen
Vorweihnachtszeit eine attraktive Kundin im Nerzmantel bedient,
deren Blick sie trifft wie ein Schlag. Sie kauft bei Therese einen
Puppenkoffer, den sie sich an ihre Adresse schicken lässt. Spontan
sendet Therese ihr einen Tag später an diese Adresse eine
Firmen-Weihnachtskarte und gibt als Absender nur ihre Personalnummer
an. Die Frau ruft sie zwei Tage später in der Abteilung an und
schlägt ihr vor, sie in der Pause zum Lunch zu treffen. Sie kommen
ins Gespräch und verstehen sich schon auf Anhieb. Da beide
Weihnachten allein sein würden, lädt Carol Therese zu sich nach
Hause ein. Es stellt sich heraus, dass Carol dreizehn Jahre älter
ist als Therese, in Scheidung lebt und eine fünfjährige Tochter hat.
Therese wohnt allein in einem kleinen Zimmer, ihr Vater ist tot, die
Mutter, eine Konzertpianistin, hat wieder geheiratet, beide haben
sich aber schon lange nicht mehr gesehen. Therese ist seit einiger
Zeit mit dem gutmütigen Richard befreundet, der Maler werden will.
Sie hatte mit ihm auch den ersten Sex, nachdem die zwei
vorhergehenden Verehrer sie abrupt verlassen hatten, als sie nicht
mit ihnen ins Bett wollte. Auch mit Richard ist sie nicht mehr
intim, sie empfindet einfach nichts dabei, obwohl er sie unbedingt
heiraten will und ihr versichert, das Problem zwischen ihnen würde
sich mit der Zeit schon von allein erledigen. Carol und Therese
verstehen sich bestens und werden gute Freundinnen.
Nach den Feiertagen beginnt Therese ihren ersten
Job als Assistentin des Bühnenbildners an einem New Yorker Theater.
Sie lernt auch Abby kennen, Carols beste Freundin, die mit ihr
zusammen mal ein Möbelgeschäft betrieben hat. Die Beiden hatten
damals auch ein kurzes Liebesverhältnis, und Abby ist nun scheinbar
eifersüchtig, sie will alles von Therese wissen. Schließlich schlägt
Carol Therese vor, mit ihr zusammen im Auto eine längere Reise in
den Westen zu machen, sie will einfach mal Abstand von den Querelen
um ihre Scheidung gewinnen. Nach zwei Wochen, in denen sie sich
weiterhin sehr formell Siezen, gestehen sie sich endlich ihre Liebe
und werden ein lesbisches Paar. Schließlich bemerken sie, dass sie
verfolgt werden, und es stellt sich heraus, dass tatsächlich ein von
Carols Mann beauftragter Privatdetektiv sie die ganze Zeit schon
observiert. Es geht um das Sorgerecht für die kleine Tochter, das
der Mann für sich allein beansprucht, indem er die unmoralische
Lebensweise seiner Frau nachweist, die man dem Kind nicht zumute
könne. Ohne Zögern fliegt Carol sofort nach New York zurück. Therese
aber stellt entsetzt fest, dass Carol sich zwischen ihr und der
Tochter wird entscheiden müssen und macht sich keine Illusionen, wie
diese Entscheidung ausgehen wird.
Ein ungewöhnlicher Roman, der den
Leser mit seiner psychologischen Tiefe in Bann zieht und durch
seinen geschickt aufgebauten Spannungsbogen die einsame Klasse der
Autorin als Suspense-Spezialistin unter Beweis stellt, immer nach
dem Motto: Und erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
4*
erfreulich - Bories
vom Berg - 3. Juni 2025

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