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MONIKA ZEINER

 

DIE ORDNUNG DER STERNE

 

ÜBER COMO

 

Dance Me to the End of Love

 

Erfreulicherweise gibt es immer wieder Überraschendes auf dem Buchmarkt, denn Monika Zeiners Debütroman mit seinem zunächst kryptischen, auf eine Zäsur im Plot hinweisenden Titel, war für mich eine faustdicke Überraschung. Nicht nur sprachlich, sondern auch thematisch an Thomas Mann erinnernd, behandelt dieser ambitionierte Künstlerroman elementare Fragen wie Glück, Liebe, Freundschaft, Alter, Tod, Trauer, und den Sinn des Ganzen natürlich. Die Kunst ist auch hier die Musik, von der Autorin kenntnisreich eingewoben in die Handlung, ist sie doch in ihrer zweiten Karriere unter dem Namen Mona Stinelli Gründerin der Italoband «marinafon». Und auch zum Thema Liebesleid weist sie reichlich Fachkompetenz auf, sie hat ja schließlich über mittelalterliche Liebesmelancholie promoviert.

 

Ihr radikal illusionsloser Roman dreht sich um den chaotischen Antihelden Tom, ein labiler, schwermütiger, lethargischer Pianist, der in einer studentischen WG im Berlin der neunziger Jahre lebt, zusammen mit seinem besten Freund Marc, einem hoffnungsvollen Komponisten moderner Musik, und mit Betty, die eigentlich Medizin studieren soll nach dem Willen ihrer Eltern, sich zeitweise aber eher als Sängerin sieht und mit den beiden zusammen gelegentlich in einer Jazzband auftritt. Marc und Betty werden ein Paar, Tom hat das selbstlos eingefädelt für seinen zunächst desinteressierten Freund, ist sich später aber nicht mehr sicher, ob das nicht ein Fehler war, auch er fühlt sich irgendwie zu Betty hingezogen. Und so endet diese Ménage-à-trois irgendwann am Comer See, als während Marcs Abwesenheit Tom und Betty doch noch zusammenfinden und dann nächtens den Sternenhimmel betrachten auf der Suche nach einer Ordnung dort oben. Am nächsten Tag kommt Marc bei einer Schneewanderung um, die Beiden sind entsetzt und gehen auseinander, sehen sich zehn Jahre lang nicht mehr.

 

Erzählt wird diese vielschichtige Geschichte von ihrem tragischen Kern aus, dem alles verändernden Tod von Marc, dieser fast als Lichtgestalt erscheinenden Figur. In Rückblicken schildert die Autorin anschaulich und metaphernreich das Leben der drei Freunde in Berlin, sie nimmt sich Zeit dafür, zuviel, glaubt man ihren Lektoren, denen angeblich auch 200 Seiten genügt hätten. Gottlob ist sie konsequent geblieben, es wären dem Leser sonst viele erfreuliche und behagliche Lektürestunden vorenthalten worden. Denn man würde, so man Gefallen an unaufgeregt erzählten Geschichten und die nötige Muße dafür hat, am liebsten ewig weiterlesen, freut sich immer wieder an philosophischen Betrachtungen, sympathisch gezeichneten Figuren, wird sogar, wie ich, zum Musikhören angeregt. Als nämlich Tom «Dance Me to the End of Love» am Klavier spielt und Betty spontan zum Singen auffordert, da konnte ich nicht anders und habe meine Lektüre unterbrochen, um mir mal wieder diesen wunderbaren Titel von Leonard Cohen anzuhören.

 

Man ist gespannt, wie die Geschichte ausgeht, denn nach langer Zeit treffen Tom und Betty am Ende in Neapel wieder zusammen. Bei diesem Showdown klärt sich der mysteriöse Tod von Marc als Freitod, Betty hatte ihm alles gebeichtet seinerzeit, und Tom gesteht, dass er zu lange gewartet hat damals, bis es für eine Rettungsaktion zu spät war. Beide, die sich nun wieder gefunden haben nach so vielen Jahren, sind unrettbar in ihrer Schuld verstrickt, es gibt selbstverständlich kein Happy End. Vielleicht liegt es an der weiblichen Perspektive der Autorin, dass die Männer in diesem Roman allesamt ein wenig trottelig wirken, die Frauen aber eher dominant sind wie die bourgeoise Anne zum Beispiel, die darauf besteht, beim «Sie» zu bleiben mit ihrem jugendlichen Liebhaber und Klavierlehrer. Dieser Roman hat unglaublich viele Facetten aufzuweisen, er bietet Lesefreude pur auf einer genüsslichen literarischen Entdeckerreise, seine überaus positive Rezeption ist absolut gerechtfertigt.

 

4* erfreulich - Bories vom Berg - 01. Januar 2014

 

 

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