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TV gestern

Ein Gruß aus der guten alten Zeit

 

Im Schatten der Printmedien gedeihen auch im Fernsehen Literatursendungen, wobei «gedeihen» angesichts deren Sendezeiten und Sendedauer doch wohl eine übertriebene Formulierung ist, sie führen eher ein Mauerblümchen-Dasein zu später Stunde. Mit Abstand populärste Sendung war einst im ZDF das «Literarische Quartett» von Marcel Reich-Ranicki, der zusammen mit Sigrid Löffler, Helmuth Karasek und einem Gastkritiker aktuelle Bücher besprochen hat. Er hat dieses TV-Format so nachhaltig geprägt, dass viele ihm heute noch nachtrauern, lange nachdem die Sendereihe eingestellt wurde. Ihm folgte Elke Heidenreich nach mit ihrer sehr persönlichen Sendung «Lesen!», bei der auch ein Gast jeweils sein Lieblingsbuch vorgestellt hat. Ich erinnere mich noch gut an eine Sendung, in der der frankophile Tagesthemen-Sprecher Uli Wickert von der ARD Heinrich Manns Doppelroman über «Henri Quatre» vorgestellt hat. Obwohl ich nicht gerade ein Fan von historischen Romanen bin, habe ich, der Empfehlung folgend, beide Bücher mit Vergnügen gelesen und als sehr bereichernd empfunden.

 

Auch diese literarische Sendereihe ist leider schon Vergangenheit, aber wie es zu ihrem Ende kam, ist als Anekdote durchaus noch erzählenswert. Beide Kritiker, so unterschiedlich sie sonst auch sein mögen, eint eine gemeinsame Überzeugung und eine staunenswerte Konsequenz, mit der sie diese Ansicht vertreten haben. Reich-Ranicki hat nämlich die Entgegennahme des Deutschen Fernsehpreises abgelehnt mit der Begründung, er möchte nicht in einer Reihe stehen mit anderen Preisträgern, deren Sendungen völlig niveaulos seien. Die öffentlich-rechtlichen Sender würden weitgehend banale Unterhaltung verbreiten und leider viel zu selten ihrem gebührenfinanzierten kulturellen Auftrag nachkommen, geistvollen Sendungen eine Plattform zu bieten. Pikanterweise war ausgerechnet Thomas Gottschalk Moderator der Gala, der personifizierte Gegenentwurf zu TV-Programmen mit Niveau. In dem Medienwirbel nach der Sendung ließ sich dann auch Elke Heidenreich vernehmen. Sie schrieb bei faz.net: «Ich dachte, was für eine Zumutung diese armselige, grottendumme Veranstaltung für ihn sein müsse». Die nominierten Filme und Serien seien in der Mehrzahl jämmerlich! «Ich schäme mich, ich entschuldige mich stellvertretend für alle Leidenden an diesen Zuständen, und derer sind auch in diesen verlotterten Sendern noch viele, bei Marcel Reich-Ranicki für diesen unwürdigen Abend». Was natürlich prompt zu ihrem Rauswurf beim ZDF geführt hat, ihre Sendung wurde sofort eingestellt, - niemand hat das so sehr bedauert wie ich.

 

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