TV
heute
Kasperltheater und lästige Konkurrenz
Denn was haben wir heute? Neben der lobenswerten täglichen
Kultursendung auf 3Sat, die natürlich auch Literatur einschließt,
kann man in größeren Abständen zum Beispiel Dennis Scheck erleben, der in seiner
halbstündigen Sendung unter dem Namen «Druckfrisch» zu später Stunde
Autoren und Bücher vorstellt. Dafür turnt Scheck durch die ganze
Welt, um an möglichst außergewöhnlichen Orten Gespräche mit Autoren
zu führen. Je skurriler die Örtlichkeit, desto besser, hat man den
Eindruck, das Ganze gleicht eher einem Kasperltheater als einer
seriösen Literatursendung, auch wenn der Kasper einen Anzug trägt.
Judith Schalanski war da kürzlich zu sehen bei der Präsentation
eines von ihr gestalteten, schönen Buches über Äpfel. Drehort war
eine Apfelbaum-Plantage, was ja passt, wenn es denn unbedingt
originell sein muss. Richtig originell wurde es aber erst dadurch,
dass der Dreh bei strömendem Regen stattfand, den die Akteure mit
aufgespannten Regenschirmen nur unzureichend abwehren konnten.
Reflexartig hat Judith Schalanski immer wieder die Regentropfen
abgewischt, die auf das wertvolle Buch gefallen sind, während Dennis
Scheck völlig unbeirrt blieb. Er hätte bestimmt - ohne mit der
Wimper zu zucken - auch ohne Regenschirm sein Interview geführt.
Wenn heute sogar Fernsehen mit kulturellen Themen nur noch durch
solchen Klamauk funktioniert, also Einschaltquoten bringt, ist es
wahrlich schlecht bestellt um das Niveau dieses Mediums und seiner
Zuschauer. Aber das wissen wir ja alle! Und da nutzt es auch nichts, dass
es ganz verschämt hin und wieder noch Literatursendungen gibt wie
«Das blaue Sofa» oder regionale Sendungen in den dritten Programmen.
Literatur scheint den TV-Machern völlig unwichtig zu sein, sie ist
wohl nur eine lästige Konkurrenz,
der totale
Gegensatz zur großangelegten, emsig betriebenen Volksverdummung, die
das
öffentlich-rechtliche Fernsehen da veranstaltet, von den Privaten ganz zu
schweigen. Panem et circenses hieß das bei den alten Römern in der
Kaiserzeit, der Zweck aber war
der gleiche!
Elke Heidenreich, um auf sie noch
mal zurück
zu kommen, hat sich nicht als Kritikerin gesehen mit ihrer Sendung
«Lesen!», sie hat ganz einfach Buchempfehlungen gegeben. «Ich kenn
mich halt aus, weil ich sehr viel lese» hat sie geäußert, täglich
500 Buchseiten wären ihr normales Pensum. Mit ihren
Empfehlungen wolle sie die Leute wieder ohne Furcht ans Lesen
kriegen, und weiter: «Denn unsere Feuilletons, die sich mit
Literatur ernsthaft auseinandersetzen, die sind manchmal so
kompliziert, dass die Leute denken: wenn ich schon die Kritik nicht
verstehe, versteh ich auch das Buch nicht»!
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