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SHALOM BEN CHORIN

 

JUGEND AN DER ISAR

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Shalom Ben-Chorin - Jugend an der IsarEine Trouvaille

 

«Je älter man wird, desto näher rückt einem die Jugend» heißt es im Vorwort zur dritten Auflage der Jugenderinnerungen von Shalom Ben-Chorin. Mit den beiden Zwiebeltürmen der Frauenkirche und dem Turm des Alten Peters ist der Ort des Geschehens auf dem Titelbild unschwer als München zu erkennen, der Heimatstadt des damals 15-Jährigen Autobiografen. Nur der Name will nicht so recht zu Bayern passen, aber zu jener Zeit hieß er ja noch Fritz Rosenthal, Sohn jüdischer Eltern, der früh den Vater verlor und in diesem Buch seine Jahre als Pennäler bis zu seiner Emigration nach Jerusalem beschreibt. Für einige wenige Eingeweihte als Journalist, Schriftsteller und Religionswissenschaftler bekannt, dürfte sein Name den meisten heute aber nichts mehr sagen, so war es bei mir jedenfalls, bis mir dann zwei Zufälle auf die Sprünge halfen. Vor einigen Jahren wurde ich beim Spaziergang auf eine kleine Menschansammlung aufmerksam, und als dann auch noch Musik ertönte, gesellte ich mich unter die Zuschauer. Eine neue Münchner Straße wurde im Rahmen einer kleinen Feier nach Ben-Chorin benannt. Und beim Stöbern im Buchantiquariat stieß ich kürzlich nun wieder auf den fremdartigen Namen und erwarb spontan diese Jugenderinnerungen.

 

Dramaturgisch wirkungsvoll beginnt die Erzählung mit dem Weihnachtsfest 1928, als Fritz seiner Mutter kategorisch erklärt: «Ich mache diesen Klimbim nicht mehr mit». Irritiert von der Gedankenlosigkeit, mit der jüdische Familien Weihnachten ganz selbstverständlich auch feierten, genau wie die Christen, rebellierte er und verließ auf der Stelle das Haus. Obdachlos in eisiger Nacht fand er vorerst Unterschlupf bei einer orthodoxen jüdischen Familie. Um aber bald zu begreifen, dass vieles in der dort praktizierten Ausübung der Religion zur Farce erstarrt war, zu liturgischer Geste und sinnlosem Brauchtum verkümmert. Diese frühen Erfahrungen des Autors und seine weitere Entwicklung bis hin zur sieben Jahre später erfolgenden Emigration ist fulminant erzählt und von einer derartigen Fülle an Eindrücken, Erkenntnissen, Erlebnissen und Begegnungen, dass es kein Wunder ist, wenn das Namensregister des Buches fast vierhundert Persönlichkeiten auflistet. Darunter alles, was Rang und Namen hatte in der deutschsprachigen Literatur und natürlich in der Münchner Szene der Intellektuellen.

 

Die jüdische Religion und der Zionismus, die Bemühungen jener Zeit um einen eigenen jüdischen Staat nehmen breiten Raum ein in dieser Autobiografie, die rein persönlichen Belange des Autors und seiner Lebensumstände treten da deutlich zurück. Aber es gibt auch köstliche Schilderungen vom schulischen und studentischen Leben in München, Festen in Schwabing, schönen Stunden auf dem Monopteros im Englischen Garten, ja sogar als Filmschauspieler in Geiselgasteig hat sich der Autor versucht. Das alles unter dem drohenden Unheil des Nationalsozialismus, dessen Gefahren er schon früh geahnt hat. Und so ist er, als die Repressionen zunahmen, mit Hilfe der Familie seiner Frau nach Jerusalem ausgewandert, solange das noch ging. Dort nahm er später den Namen an, unter dem er dann bekannt wurde, was im neuen Staate Israel damals ausdrücklich gefördert wurde, um die schnelle Integration der Neuankömmlinge auch durch die jüdischen Namen zu festigen.

 

Über sieben bewegte Jahre eines jungen, dem Judentum und der Literatur verpflichteten Mannes wird hier klug, detailreich und in wohl formulierter Sprache berichtet, eine lohnende Lektüre also, die vielen Lesern neue Horizonte öffnen dürfte.

 

3* lesenswert - Bories vom Berg - 21. Mai 2013

 

 

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Alexander Krampe

Warum dann nur drei Sterne?

 

Antwort

Danke für Ihre Anfrage. In der Tat erreichen mich hin und wieder Kommentare wie Ihrer, wo gefragt wird: «Warum nur drei Sterne?»

 

Nicht jedes Buch, das «lesenswert» ist nach meiner Diktion, also eindeutig positiv bewertet, ist wirklich auch «erfreulich» oder gar «erstklassig». Ein Drei-Sterne-Hotel ist solide Mittelklasse, aber eben keine edle Fünf-Sterne-Luxusherberge, und literarisch kann ich beispielsweise «Tortilla Flat» von John Steinbeck wirklich nicht auf eine Stufe stellen mit «Doktor Faustus» von Thomas Mann, auch wenn beide Autoren verdientermaßen Nobelpreisträger waren.

 

Weitere Einzelheiten zu meinen Bewertungen finden Sie hier im Anhang unter Infos/Ranking.

 

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