Autoren     Buchtitel

 

UMBERTO ECO

 

DER NAME DER ROSE

Kommentar lesen

Umberto Eco - Der Name der RoseViel Mönchslatein

 

Der emeritierte Professor Umberto Eco, der unter den Intellektuellen der Welt laut einer Umfrage einen der Spitzenplätze einnimmt, genießt als Semiotiker hohes Ansehen, der Italiener ist aber auch politisch stark engagiert und wurde 1980 mit seinem ersten und natürlich auch verfilmten Roman «Der Name der Rose» schlagartig einem breiten Publikum bekannt. Seine wissenschaftliche Laufbahn hatte er mit einer Dissertation über die Ästhetik bei Thomas von Aquin begonnen, eine Thematik, auf die er in dem berühmten Roman zurückgreift mit seiner spannenden Geschichte. Als Krimi im mittelalterlichen Kloster könnte man das dicke Buch plakativ bezeichnen, wären da nicht Hunderte von Seiten gefüllt mit theologischen Streitgesprächen und philosophischen Betrachtungen, mit religiösen Zeremonien und Exerzitien sowie politischen Ränkespielen in einer finsteren Zeit. Ohne den Aspekt des Krimis würde das Buch also sicherlich deutlich weniger Leser finden, es wäre mehr ein populäres Sachbuch über das Klosterleben jener Epoche, zur Blütezeit der Bettelmönche, - für wissbegierige Leute mit Latinum.

 

In einem Prolog erzählt Umberto Eco, wie er durch Zufall zu dem Stoff für seinen Roman kam, und schon dieses Vorwort ist ähnlich rätselhaft wie die Geschichte, auf die es hinweist. Die Ereignisse, über die aus der Perspektive des Adson von Melk berichtet wird, einem jugendlichen Novizen des Benediktinerordens, ereignen sich während sieben Tagen Ende November 1327, und entsprechend sind auch die Kapitel benannt, die wiederum in acht Abschnitte gegliedert sind - Mette, Laudes, Prima, Tertia, Sexta, Nona, Vesper, Komplet - die den liturgischen Stunden entsprechen. William von Baskerville erhält den Auftrag, ein Treffen seines Ordens mit dem Papst in Avignon vorzubereiten, dem die Position der Franziskaner zur Armut Christi ein Dorn im Auge ist. Man trifft sich in einem italienischen Kloster, das für seine einzigartige Bibliothek weltberühmt ist. Gleich nach der Ankunft Williams mit seinem Adlatus Adson ereignet sich ein mysteriöser Todesfall. Besorgt bittet der Abt den ehemaligen Inquisitor, der für seinen scharfen Verstand bekannt ist, um rasche Aufklärung, bevor die päpstliche Delegation eintrifft. Gleichwohl geschehen noch mehrere Morde, die scheinbar alle einen Bezug zu der geheimnisvollen Bibliothek haben, die nur der Bibliothekar persönlich betreten darf und niemand sonst, nicht mal der Abt.

 

Sherlock Holmes und Dr. Watson standen Pate für Ecos Protagonisten, die im Stile des berühmten Detektivs durch deduktive Methoden den immer komplizierter werdenden Fall zu lösen versuchen. Es versteht sich, dass der Spannung wegen mehr hier nicht gesagt werden darf, die Auflösung findet sich genretypisch in einem ebenso überraschenden wie grandiosen Showdown. Umrahmt sind die beiden Helden von einer Fülle von Figuren des Klosters, von denen dreiundzwanzig vorab unter Dramatis Personae aufgelistet werden, was die Orientierung sehr erleichtert. Darüber hinaus aber werden in den Gesprächen und Disputen unzählige Namen genannt, die den Normalleser ohne Theologie- und Geschichtsstudium weit überfordern dürften. Gleiches gilt für ebenfalls unzählige lateinische Begriffe, Redewendungen und Zitate, von denen leider nur die wichtigsten Passagen im Anhang übersetzt werden, was natürlich dem Lesefluss nicht gerade zuträglich ist.

 

Die ungeheure gedankliche Fülle ist zweifellos sehr bereichernd, und auch wenn Vieles davon nur Fachleuten immer und vollinhaltlich verständlich sein dürfte, kann und muss man nicht jeden Begriff nachschlagen. Denn der Lesespaß stellt sich gerade auch durch ironische Übertreibungen ein, die immer wieder zum Schmunzeln Anlass geben, Gleiches gilt für die lachhaft naive Frömmigkeit jener Zeit. Und über das Thema Buch vor Gutenbergs Erfindung wird man hier sehr anschaulich informiert, man ist ehrfürchtiger Gast im Skriptorium der Abtei. Es gibt also einige gute Gründe, diesen Roman zu lesen.

 

3* lesenswert - Bories vom Berg - 2. Januar 2015

 

 

© Copyright 2015

Roland W.

Erst vor einigen Tagen habe ich das Buch gelesen - es ist also noch "frisch" in meinem Gedächtnis. Ich finde, dass diese Rezension sehr gut alle wesentlichen Aspekte des Werkes hervorhebt - nicht ganz verständlich, warum "Bories vom Berg" trotz durchaus positiver Einstellung zum Buch nur drei Sterne vergibt. - Noch ein kleiner Kritikpunkt - als Normalleser ohne diverses Studium kann man Personen und Meinungen aus historischer Zeit heutzutage leicht aus dem Internet /Wikipedia herausfiltern - ich fühle mich da nicht überfordert....

 

Antwort

Danke für Ihren Kommentar! Drei Sterne bedeuten bei mir lesenswert, guter Durchschnitt eben, eindeutig eine positive Wertung. Im Anhang unter Infos/Ranking sind hierzu ausführliche Informationen zu finden. Dort können Sie vergleichsweise auch die beiden Listen derjenigen Bücher prüfen, die ich mit erfreulich oder gar erstklassig besser bewertet habe, also mit vier oder fünf Sternen.

 

Zurück

A

 

     Autoren     Buchtitel